Gleichberechtigung im Sorgerecht ist nur ein erster, wichtiger Schritt für mehr Kindesorientierung nach Trennung oder Scheidung

veröffentlicht um 11.08.2010, 11:38 von Thilo Mühlberger   [ aktualisiert: 04.03.2011, 01:47 ]

Ist nun die „Gleichberechtigung im Eimer“ oder wird jetzt alles gut?

Gleichberechtigung im Sorgerecht ist nur ein erster, wichtiger Schritt für mehr Kindesorientierung nach Trennung oder Scheidung

FRANKFURT AM MAIN – Die Selbsthilfegruppe PAS Rhein/Main erklärt anlässlich des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts  - 1 BvR 420/09 - vom 21. Juli 2010 zur gemeinsamen Sorge nicht-ehelicher Väter, dass alleine die Gleichberechtigung der nicht-ehelichen Väter und Kinder nicht ausreiche. Sie fordert den Bewusstseinswandel in der Gesellschaft, dass Kinder beide Eltern, auch nach Trennung oder Scheidung, brauchen.

Die neueste Entscheidung zur Sorgerecht bzgl. lediger Väter rufe sehr konträre Reaktionen hervor, stellt die Selbsthilfegruppe PAS Rhein/Main fest. Während die einen riefen, dass die Gleichberechtigung wohl nun im Eimer sei, werde von den anderen eine deutliche Verbesserung des sagenumworbenen Kindeswohls gesehen. Die Selbsthilfegruppe PAS Rhein/Main könne sich auf Grund von Beobachtungen weder der einen noch der anderen Auffassung anschließen, denn das Problem sei deutlich komplexer.

Gleichberechtigung bedeute, so erklärt die Selbsthilfegruppe, dass jeder, unabhängig vom Geschlecht und Stand, die gleichen Rechte habe. Gleichberechtigung werde keineswegs dadurch gewahrt, dass einer die Rechte vergebe, in diesem Fall die ledige Mutter. Jede ach so emanzipierte Mutter solle sich doch mal vor Augen halten, wie vor Jahren Frauen für das Wahlrecht gekämpft haben und welche Argumente und Ängste dagegen gehalten worden seien. Vergleichbar mit der heutigen Gesetzeslage, herrschte zum Beispiel in manchen Ländern die Ansicht, verheiratete Frauen bräuchten kein Wahlrecht, denn der Ehemann würde ja schon für die Familie wählen. Heute lache man vielleicht darüber. Aber genauso werde man in 100 Jahren über die heutigen Argumente der Sorgerechtsgegner für ledige Väter lachen. Ledige Väter dürften nicht diskriminiert werden, nur weil sie ledig und Männer sind.

Werde jetzt alles gut für die Kinder? fragt die Selbsthilfegruppe PAS Rhein/Main. Nein, das werde es nicht. Die Ursache von Sorgerechtsstreitigkeiten läge in den teilweise massiven Konflikten zwischen dem Vater und der Mutter, oft dadurch ausgelöst, dass einer „nicht will“. Der Umstand, dass nun nicht-eheliche Väter mehr Rechte haben als zuvor, würde eher zu mehr Gerichtsverfahren führen, als zur Lösung der Konflikte. Denn Väter seien nicht besser als Mütter, gut und böse sei geschlechtsneutral. Das Problem liege darin, dass unsere Gesellschaft, d.h. Gerichte, Jugendämter und Umgebung, bis heute keine geeigneten Vorgehensweisen gefunden haben, um Sorgerechtsstreitigkeiten im Sinne der Kinder zu lösen.

Aus Sicht der Selbsthilfegruppe PAS-Rhein-Main ergäbe sich aber aus der aktuellen Diskussion und der hoffentlich neuen Gesetzgebung eine Hoffnung, nämlich dass der Gedanke, dass Kinder beide Elternteile brauchen, immer mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft dringe. Würde diese Idee, nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch, tatsächlich zum Leitgedanken für den Umgang mit zukünftige Sorgerechtsstreitigkeiten bei den Eltern, Ämtern und Gesellschaft angewendet werden, dann könnte die Welt tatsächlich bald besser aussehen für unsere Kinder.


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